1. Humanitärer Transport für die Ukraine - Fazit & Tipps
Was nehme ich von dieser Aktion mit, was war unerwartet, was würde ich beim nächsten Mal anders machen?
Resultierend aus meinem Reisebericht, den man hier nachlesen kann:
https://2022supportukraine.blogspot.com/2022/03/humanitarer-transport-in-die-ukraine.html
Fragen kostet nichts. Alle, deren Unterstützung ich benötigte, haben zugesagt, als sie von der Idee erfuhren. Und niemand hat versucht, mir das auszureden. Damit hätte ich vorher gar nicht so gerechnet.
Was ich auch nicht erwartet hatte: dass die lange Fahrt, die mir eigentlich die größte Herausforderung schien, am Ende der einfachste Teil war, weil ziemlich berechenbar. Die Unwägbarkeiten an der Grenze empfand ich als deutlich stressiger. Irgendwann hab ich mich von dem Gedanken verabschiedet, dass ich hier schnell was erledige, und bin innerlich zum Abenteuerreisemodus übergegangen, das kenn ich von früher, und das passte besser zur Situation ;)
Der "große" Grenzübergang Korczowa an der Autobahn war für meinen Zweck nicht die erste Wahl. Man kann nur in eine Richtung, kann die Gegenseite nicht richtig sehen, ich fand es weiträumig und unübersichtlich.
Am kleineren Grenzübergang in Shegini war es entspannter, man konnte direkt vor der Grenzampel rechts und links anhalten; man konnte sehen, wer von der anderen Seite rüberkommt und hätte sich dort auch gleich treffen können. Es sind Leute zu Fuß unterwegs oder steigen auch mal aus den Autos aus, sodass man ins Gespräch kommen und sich austauschen kann. Vielleicht hab ich das dort aber auch nur deshalb positiver erlebt, weil ich bei Tageslicht und halbwegs ausgeschlafen dort war.
Erstaunt hat mich, dass vor allem auf ukrainischer Seite die bürokratischen Prozesse für den Grenzübertritt null gelockert waren für humanitäre Hilfe. Man machte es allen weitgereisten Hilfswilligen echt schwer!
Würde ich Flüchtlinge mitnehmen wollen? Ich habe es so empfunden: Direkt an der Grenze ist das nicht die beste Idee. Die Leute steigen quasi schon im Transitbereich in Busse ein und werden in die Stadt(?) gefahren. Es ist also überhaupt nicht so, dass am Grenzübergang massenweise geflüchtete Mütter mit Kindern stehen und auf Mitfahrgelegenheiten nach Deutschland warten, wie ich mir das auf naive Weise vorgestellt hatte. Die Leute, die dort zu Fuß ankommen, haben i.d.R. schon ihre Abholer.
In Przemysl gibt es eine große Notunterkunft. Dort könnte man sicher nachfragen und Fahrten anbieten.
Allerdings hab ich von Sascha gehört, dass auch in der Notunterkunft die Leute nicht gerade drauf gewartet haben, in irgendwelche deutschen Provinzstädte verfrachtet zu werden. Auf Mitfahrangebote nach Cottbus gab es zum Beispiel quasi keine Nachfrage.
Ansonsten soll es entsprechende Plattformen bzw. Social Media Kanäle geben, wo man das im Vorwege organisieren und verabreden kann, das weiß ich aber nur vom Hörensagen.
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Tipps für andere Fahrer, die das noch vor sich haben:
- es ist nichts Gefährliches, man kann das machen
- rechtzeitig direkt mit den Leuten Kontakt aufnehmen, mit denen man sich an der Grenze treffen will, eine Koordination aus der Ferne ist schwer für alle Beteiligten (vor allem für die arme Person in der Mitte)
- vorher klären, was beiderseitig möglich ist. Trifft man sich in Polen, oder muss man über die Grenze?
- Erwartungshaltung runterschrauben und flexibel sein: Die Lage ist nicht geeignet für getaktete Zeitpläne o.ä. Was eben noch verabredet war, kann sich in 5 Minuten schon wieder ändern. Ein "ziemlich sicher" ist eher als "vielleicht" oder "hoffentlich" zu verstehen ...
- mit Polizei-Umleitungen und Warteschlangen rechnen an der Grenze
- auf Sprachprobleme eingestellt sein (man kann nix erklären oder diskutieren) ... mit Englisch/Deutsch kam ich nicht so weit
- paar Zloty in bar für die Autobahnmaut (bei mir waren es 10 bzw. 12 zloty pro Mautabschnitt, davon hatte ich 3 auf der einfachen Strecke, hab insgesamt ca. 68 zloty dafür ausgegeben) ... oder Kreditkarte mit PIN. EC-Karte klappte bei mir nicht.
- nicht gerade auf die allerletzte Tanke vor der Grenze hoffen, lieber schon 100km vorher noch mal volltanken
- kleinen Grenzübergang wählen
- möglichst bei Tageslicht ankommen/umladen
- pingelig alle Dokumente dabeihaben, die man für ein Drittland braucht: Reisepass, Autopapiere (auch Versicherungskarte), möglichst mehrsprachige Packliste
- ausreichend Verpflegung dabei haben
- Schlafoption vorbereiten für den Fall der Fälle
- nicht erwarten, dass einem der rote Teppich ausgerollt wird. Die Grenzbürokratie drückt kein Auge zu.
- nicht einfach irgendwelche Sachen sammeln und damit auf gut Glück zur Grenze fahren! Ihr werdet das Zeug dort nicht los
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Presse:
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Links:
https://www.ratzeburg-hilft.de
https://www.unterkunft-ukraine.de (Registrierung/ Vermittlung temporärer Privat-Unterkünfte)
haustier-info-ukraine.de (vermittelt Pflegestellen bzw. temporäre Aufnahme von Flüchtlingstieren)
https://linktr.ee/host.ukrainians (sammelt Transport- und Unterbringungsangebote)
https://m.youtube.com/watch?v=badfjeMgJqA (Tutorial für Eure ersten Sätze auf Ukrainisch)
https://m.youtube.com/watch?v=tHHhy4ong0o&list=PLH1RblPMSpgGopeMbOB5xa0hJJ4I22los (der ausführlichere Ukrainisch-Kurs)
https://www.reise-know-how.de/de/artikel/e-books-zur-kommunikation-gefluechteten-fuer-1-cent-51012 (Sprachlernbuch Ukrainisch, für 1 c zum Download)
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