6. Humanitärer Transport in die Ukraine

Mitte September bin ich zum vorerst letzten Mal mit einer Transporterladung Sachspenden in die Ukraine gefahren.

Ich dachte ja, ich bin nun ein alter Hase und weiß ganz genau, was ich zu erwarten habe, aber ein bisschen anders war es dann doch.



Da über den Sommer die Spendenaktivitäten ein wenig nachgelassen hatten, wurde der Minebea-Intec-Transporter überhaupt nicht richtig voll. 

Das führte dazu, dass wir Donnerstag Abend nach der üblichen Beladeaktion in Ratzeburg noch mit einer Handvoll Helfern zum Supermarkt fuhren und mehrere Einkaufswagen voll Grundnahrungsmittel und Hygieneartikel kauften.

Die Fahrt am Freitag selbst war wieder lang, aber ereignislos. Einen längeren Frustmoment gab es an der polnisch-ukrainischen Grenze. Ich hatte in Erinnerung, dass humanitäre Fahrzeuge an der Pkw-Schlange vorbei fahren und sich vorn direkt an die Ampel stellen sollten. Ein junger Grenzbeamter wollte mich dort aber nicht durchlassen, sondern verwies mich auf die reguläre Schlange. Dort hätte ich gefühlt ein oder zwei Tage angestanden, wozu ich nicht bereit war. Als ich extrem genervt und verzweifelt schon fast wieder am Umkehren war, mischte sich zum Glück ein anderer Grenzer ein und winkte mich durch. In diesen Minuten hab ich für mich entschieden, dass ich mich dieser Ungewissheit und solch einer Zitterpartie nie wieder aussetzen will ...

Mein Ziel in der West-Ukraine hieß wieder Brjuchowytschi, und zumindest das fühlte sich fast an wie ein Besuch bei Freunden. Ich wurde trotz eines Todesfalls herzlich willkommen geheißen, und wir haben uns versprochen, dass wir uns eines Tages unter ganz normalen Umständen ganz normal besuchen werden. Ich hoffe, ich kann diese Einladung irgendwann wirklich wahrnehmen, und freue mich sehr darauf!

Auf dem Rückweg am Samstag wollte ich im nächsten Ort kurz in einen Laden, um für mich selbst ein paar ukrainische Lebensmittel mitzunehmen, für die Fahrt und überhaupt. Ich erwischte eine Art Supermarkt, wo aber weder EC-Kartenzahlung möglich war noch Euros angenommen wurden und ich somit unverrichteter Dinge sehr zügig wieder draußen war. Erst als ich schon wieder im Auto saß, fiel mir auf, was ich da gerade gesehen hatte: Ein Supermarkt mit lauter gut gefüllten Regalen ... Und ich habe gerade kartonweise Margarine und Nudeln quer durch Europa gekarrt ...

Auch wenn ich keine konkreten Produkte und Preise geprüft habe, glaube ich nun doch, dass es wirtschaftlicher und nervenschonender wäre, den Organisatoren auf ukrainischer Seite 1000 Euro in die Hand zu drücken und sie selbst einkaufen zu lassen.

Dies ist der zweite Grund, warum ich mir für mich keine weitere solche Fahrt vorstellen kann. 

(Der Grenzübertritt auf dem Rückweg war wieder von langer Wartezeit geprägt, denn ich hatte gedacht, als humanitärer Einzelfahrer dürfte ich auch hier an der Warteschlange vorbeifahren. Aber dazu hätte ich rechtzeitig auf die Gegenverkehrsspur der Autobahn wechseln müssen und quasi als Geisterfahrer nach vorn durch bis zum berühmten Kreisverkehr. Einige wussten das wohl und haben das gemacht. Anders als beim letzten Mal war auf unserer regulären Fahrspur kein Platz mehr, irgendwo vorbeizufahren. Das hat mich 5 oder 6 Stunden gekostet :( Davon abgesehen war die Rückfahrt ohne besondere Vorkommnisse.)

Nichtsdestotrotz bin ich froh und stolz, ein Teil dieser Hilfsaktion gewesen zu sein, und bin allen sehr dankbar, die das initiiert und unterstützt und mir vertraut haben. 


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